Lehrbuch Lyme-Borreliose


12.19

Cranielle Neuropathien


Cranielle Neuropathien sind eine häufige Krankheitsmanifestation der Lyme-Neuroborreliose. Die Hirnnerven-Läsionen sind pathologisch-anatomisch einer Hirnstammencephalitis zuzuordnen oder aber Folge von Läsionen im peripheren Nervenverlauf. Die Läsionen im zentralen Nervensystem betreffen die Kerngebiete der Hirnnerven, stellen also pathologisch-anatomisch Neuroradiculitiden dar.

Die Symptomatik der Erkrankung einzelner Hirnnerven ist in Tabelle 12.38 dargestellt.

 

Die cranielle Neuropathie kann im Frühstadium nach Dissemination oder im Spätstadium auftreten.

Die mit Abstand häufigste cranielle Neuropathie ist die Facialisparese, die auch bilateral auftreten kann. Auch kann sie mit anderen neurologischen Symptomen oder sonstigen Manifestationen der Lyme-Borreliose verbunden sein.

Bei den craniellen Neuropathien entfallen 80% auf die Facialisparese, 4% auf eine Abducensparese, der restliche Anteil auf die sonstigen Hirnnerven.

Die Angaben zum Liquorbefund bei der Facialisparese sind sehr unterschiedlich, es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass in etwa der Hälfte der Fälle bei der Facialisparese der Liquor unauffällig ist (vgl. Kap. 12.24).
In einem Teil der Fälle lassen sich die Läsionen im Bereich der Hirnnerven durch bildgebende Verfahren darstellen.

Tab. 12.38

Eine Erkrankung des vestibulären Systems kann mit einem pathologischen Nystagmus einhergehen. Ursache sind Läsionen im Bereich des Labyrinths, des Hirnstamms oder des Kleinhirns. Der labyrinthäre Nystagmus ist abhängig von der Kopfposition. Ein dissoziierter Nystagmus wurde im Zusammenhang mit einer Internuklearen Ophthalmoplegie bei Multiple Sklerose beobachtet, könnte also theoretisch auch bei einer LNB auftreten.

Hinsichtlich der Einzelheiten sei auf die nachfolgende Literaturübersicht, Kap. 12.20, verwiesen.