Lehrbuch Lyme-Borreliose


23.16

 

Azithromycin (Gewebekonzentrationen, Effizienz, Nebenwirkungen bei Langzeitbehandlung


Azithromycin ist ein Antibiotikum, das häufig zur Behandlung der Lyme-Borreliose, insbesondere im Stadium III, eingesetzt wird. Dabei sind folgende Faktoren von besonderer Bedeutung:

  • Lange Gewebshalbwertszeit
  • Hohe Konzentration im Hirngewebe
  • (jedoch keine Liquorgängigkeit)
  • Intrazelluläre Wirksamkeit

In der folgenden Literaturübersicht wird dargestellt, dass sich Azithromycin im Hirngewebe und verschiedenen Körperzellen stark anreichert, im Liquor jedoch nicht nachweisbar ist. Zudem werden Publikationen beachtet, die eine Aussage über die Verträglichkeit von Azithromycin bei Langzeitbehandlung zulassen.

 


Azithromycin
Literaturübersicht


Distribution of azithromycin into brain tissue, cerebrospinal fluid, and aqueous humor of the eye.

Jaruratanasirikul S, Hortiwakul R, Tantisarasart T, Phuenpathom N, Tussanasunthornwong S. Antimicrob Agents Chemother. 1996; 40(3):825-6.

20 Patienten mit Hirntumor. Konzentrationsbestimmung von Azithromycin im entnommenen Hirngewebe. Azithromycin 500 mg oral 1, 2, 3 oder 6 Tage vor Entnahme der „Hirnprobe“ (Operationspräparat).

Azithromycin-Konzentration im Gehirn 1 Tag nach Applikation 2,63 ± 2,58, nach 2 Tagen 3,64 ± 3,81, nach 3 Tagen 0,74 ± 0,37 und nach 6 Tagen 0,41 µg/g.


Im Liquor war Azithromycin nicht nachweisbar.
Nach  ld (1) liegt in vitro die minimale inhibitorische Konzentration von Azithromycin bei Borrelia burgdorferi (MIC) bei 0,0004-0,0156 µg/g.

Die Konzentration im Hirngewebe ist also etwa 100 mal so hoch wie die MIC in vitro.

Bei der maximalen bakteriziden Konzentration (MBC) ergeben sich nach Hunfeld (6) Werte zwischen 0,06-0,5 µg/g, d.h. die cerebralen Konzentration liegt mindestens fünfmal so hoch wie die MBC in vitro.

 

 

Macrolide antibiotics for cystic fibrosis.


Southern KW, Barker PM, Solis-Moya A, Patel L. Cochrane Database Syst Rev. 2004; (2):CD002203, pmid:15106170.

Azithromycin 250 oder 500 mg 3 mal/Woche oder 250 mg täglich für 3-6 Monate. Nebenwirkungen: Übelkeit, Durchfall; im Allgemeinen Azithromycin jedoch gut toleriert.


Low dose azithromycin may slow the decline of respiratory function in cystic fibrosis.

Pisi G, Tripodi D. J Cyst Fibros. 2011; 10:53.

Azithromycin 250 mg täglich für 3 Jahre.


Pharmacokinetics of azithromycin in plasma, blood, polymorphonuclear neutrophils and sputum during long-term therapy in patients with cystic fibrosis.

Wilms EB, Touw DJ, Heijerman HG. The Drug Monit. 2006; 28(2):219-25.

Azithromycin 500 mg täglich für mindestens 35 Tage. Konzentrationsbestimmung am 10. Behandlungstag und 10 Tage nach Behandlungsende. Plasmahalbwertszeit 102 ± 20 Stunden. Bluthalbwertszeit 180 ± 68 Stunden. Halbwertszeit in Granulozyten 289 ± 166 Stunden.
C-Max Azithromycin:
Plasma 0,67 ± 0,31 µg/g
Blut 2,01 ± 0,74 µg/g
Granulozyten 1,44 ± 0,69 µg/g
Sputum 12-53 µg/g
10 Tage nach letzter Applikation 4-27 µg/g (Sputum)

Konzentration in Granulozyten 2.100 mal höher als im Plasma (ein Tag nach Azithromycin-Gabe). Also Akkumulation von Azithromycin in den Granulozyten.

Die maximale Konzentration im Blut liegt also 100 mal so hoch wie die MIC für Borrelia burgdorferi und auch deutlich über der MBC von maximal 0,5 µg/g (1).


Azithromycin improves survival in AIDS patients with disseminated Mycobacterium avium-complex (MAC)

Koletar SL. Presented at the 34th Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy; October 4-7. 1994; Orlando, FL.

Azithromycin 600-1.200 mg für 6 Wochen. Nebenwirkungen bei 600 mg in 61% der Fälle. Gastrointestinale Beschwerden in 38% der Fälle Die gastrointestinalen Nebenwirkungen waren gering. Bei 1.200 mg waren die Nebenwirkungen mäßig bis heftig.

 


Distribution of orally administered azithromycin in various blood compartments.

Wildfeuer A, Laufen H, Zimmermann T. International Journal of Clinical Pharmacology and Therapeutics. 1994; 32(7):356-360.

Konzentrationsbestimmungen von Azithromycin im Blut, Plasma, Erythrozyten, und polymorphonuklearen Leukozyten (PMNLs). Nach Applikation von 500 mg Azithromycin an 3 aufeinander folgenden Tagen Anreicherung in den PMNLs 119 ± 31 µg/g 6 Stunden nach Behandlungsende. 12 Tage nach Behandlung 42 ± 10 µg/g, im Plasma 0,02 µg/g. Die Elimination aus den PMNLs war wesentlich langsamer als aus dem Plasma (Halbwertszeit 210 ± 69 Stunden vs. 93 ± 70 Stunden). Maximale Konzentration im Plasma 0,64 ± 0,27 µg/g, in Erythrozyten 0,17 ± 0,06 µg/g, also deutlich niedriger als in PMNLs. Gemessen wurde zudem der Einfluss auf phagozytierte Staphylococcen in den PMNLs. Die bakterielle Vitalität (Staphylococcen) war deutlich vermindert und zwar aufgrund der antibakteriellen Aktivität des intrazellulär angereicherten Azithromycins.


In Vitro and In Vivo Intraleukocytic Accumulation of Azithromycin (CP-62, 993) and It’s Influence on Ex Vivo Leukocyte Chemiluminescence.

Bonnet M, van der Auwera P. Antimicrobial Agents and Chemotherapy. 1992; 36(6):1302-1309.

Konzentrationsbestimmung von Azithromycin in Phagozyten, in vitro und in vivo. Nach 3 Tagen Azithromycin-Behandlung mit jeweils 500 mg. In neutrophilen und unfraktionierten Leukozyten lag die Konzentration von Azithromycin 160 mal höher als im Serum. 2 Stunden nach Behandlungsende betrug die intrazelluläre Azithromycin-Konzentration 45 ± 6 µg/g, nach einer Woche 36 ± 8 µg/g. Die entsprechenden Serum-Konzentrationen betrugen 0,2 ± 0,1 bzw. 0,05 µg/g. Die phagozytäre Kapazität der Leukozyten wurde durch die intrazelluläre Anreicherung von Azithromycin nicht beeinträchtigt.

 


In-Vitro concentration of azithromycin in human phagocytic cells.

Panteix G, Guillaumond B, Harf R, Desbos A, Sapin V, Meclercq M, Perrin-Fayolle M. Journal of Antimicrobial Chemotherapy. 1993; 31(E):1-4.

Konzentrationsbestimmungen von Azithromycin in PMNLs und alveolären Makrophagen. In beiden Zellarten wurde Azithromycin auf das 300-fache im Vergleich zum Serum angereichert. Das Azithromycin wird nur langsam aus den Zellen freigesetzt. Diese langsame Freisetzung unterscheidet Azithromycin von anderen Makroliden und Chinolonen, bei denen auch anfänglich hohe Anreicherungen intrazellulär nachweisbar sind, bei denen die Abklingquote jedoch wesentlich größer ist als bei Azithromycin.

 


In Vitro and In Vivo Uptake of Azithromycin (CP-62,993) by Phagocytic Cells: Possible Mechanism of Delivery and Release at Sites of Infection.


Gladue RP, Bright GM, Isaacson RE, Newborg MF. Antimicrobial Agents and Chemotherapy. 1989; 33(3):277-282

Konzentrationsbestimmungen von Azithromycin in PMNLs von Menschen und Mäusen sowie peritonealen Makrophagen von Mäusen und alveolären Makrophagen von Mäusen und Ratten. Die intrazelluläre Konzentration lag 226 mal höher als die Konzentration im Serum. Bei peritonealen Makrophagen lag der Gradient (intrazellulär/extrazellulär) bis zu 26 mal höher als bei Erythromycin. Azithromycin wirkte sich nicht negativ auf die phagozytäre bakterizide Aktivität der PMNLs aus. Die Freisetzung von Azithromycin erhöhte signifikant die phagozytäre Aktivität (auf Staphylococcus aureus). Die Untersuchungen zeigen, dass die Phagozyten Azithromycin am Ort der Infektion freisetzen.

Literaturverzeichnis

  1. Hunfeld KP. Contributions to Seroepidemiology, Diagnosis, and Antimicrobial Susceptibility of Borrelia, Ehrlichia, and Babesia as Indigenous Tick-conducted Pathogens. Shaker Verlag Aachen. 2004.